Glas ist aus der modernen Architektur nicht mehr wegzudenken. Ob als konstruktives Element, als raumgestaltendes Mittel oder als Teil der Gebäudehülle – es vereint Transparenz, Funktionalität und Ästhetik. Gleichzeitig handelt es sich um einen hochsensiblen Werkstoff mit spezifischen physikalischen Eigenschaften, der nur bei sachgerechter Planung und Ausführung sein volles Potenzial entfalten kann.
In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder: Fehler im Umgang mit Glas sind keine Seltenheit – und sie entstehen häufig bereits in frühen Projektphasen. Falsche Materialwahl, unzureichende Planung der Glaslagerung, Missachtung statischer Anforderungen oder fehlerhafte Montage können gravierende Auswirkungen haben. Diese Seite liefert Ihnen fundierte Hinweise zur Vermeidung solcher Baufehler – basierend auf normativen Vorgaben, materialtechnischen Grundlagen und langjähriger Praxiserfahrung.
1. Materialwahl – Glas ist nicht gleich Glas
Die Auswahl der Glasart muss sich stets an den funktionalen, bauphysikalischen und sicherheitstechnischen Anforderungen des konkreten Projekts orientieren. Fehlerhafte Materialentscheidungen entstehen oft durch folgende Faktoren:
a) Ungeeaignete Kombinationen in Verbundkonstruktionen
Nicht jeder Glas-Verbundwerkstoff ist für jeden Einsatzbereich geeignet. Zum Beispiel sind bestimmte Folientypen in VSG (Verbundsicherheitsglas) nicht dauerhaft UV-beständig oder verlieren bei hohen Temperaturen ihre Haftkraft. Dies kann die Resttragfähigkeit des Glases gefährden – insbesondere bei Überkopfverglasungen oder absturzsichernden Verglasungen.
Empfehlung:
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Achten Sie auf den Einsatz geprüfter und bauaufsichtlich zugelassener Verbundsysteme.
- Verwenden Sie bei sicherheitsrelevanten Anwendungen ausschließlich Folien mit hoher Alterungsbeständigkeit (z. B. ionoplastische Folien bei begehbaren Gläsern oder absturzsichernden Elementen).
b) ESG statt VSG – ein gefährlicher Trugschluss
Einscheibensicherheitsglas (ESG) bietet zwar eine erhöhte Stoß- und Schlagfestigkeit, zerfällt jedoch bei Bruch in kleine Stücke und verliert dabei seine Funktion vollständig. Im Gegensatz dazu hält VSG durch die Verbundfolie auch nach einem Glasbruch als Trenn- oder Schutzschicht.
Typischer Fehler:
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Verwendung von ESG in Bereichen, in denen eine Resttragfähigkeit oder Schutzwirkung gefordert ist (z. B. in Brüstungen, im Überkopfbereich oder bei Einbruchschutz).
2. Tragwerksplanung – Glas ist ein tragender Werkstoff
Glas muss als tragendes Bauteil behandelt werden. Es gelten hohe Anforderungen an die Bemessung nach der DIN 18008. Dennoch erleben wir in der Praxis immer wieder folgende Fehlerquellen:
a) Fehlende statische Nachweise
Oft wird Glas in Ausschreibungen als reines Gestaltungselement betrachtet – ohne statische Berechnung oder ohne Berücksichtigung der Einwirkungen (Windlast, Nutzlast, Eigengewicht).
Empfehlung:
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Fordern Sie für tragende oder absturzsichernde Glaskonstruktionen zwingend einen statischen Nachweis.
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Arbeiten Sie mit zertifizierten Systemherstellern oder Statikbüros zusammen, die auf Glasstatik spezialisiert sind.
b) Vernachlässigung der Einspannungssituation
Die Art der Lagerung (z. B. linienförmig, punktförmig, gelenkig oder eingespannt) hat direkte Auswirkungen auf die Verformung und Bruchsicherheit der Scheibe. Viele Planungsfehler entstehen durch eine fehlerhafte Annahme der Lagerungsart.
Beispiel:
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Eine Glasbrüstung wird als linienförmig gelagert geplant, obwohl sie tatsächlich punktuell eingespannt ist. Das kann zu unzulässigen Spannungen führen.
3. Bauphysik – Glas im Kontext von Wärme, Schall und Feuchte
Glas wirkt als Hülle, Raumtrenner und Klimaschnittstelle. Umso wichtiger ist die bauphysikalisch korrekte Auslegung:
a) Wärmedämmung
Falsche U-Werte, Wärmebrücken an Glasfassaden oder Rahmenanschlüssen können zu Kondensatbildung, Schimmel oder Energieverlusten führen.
Empfehlung:
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Setzen Sie auf geprüfte Isolierglas-Systeme mit thermischer Trennung.
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Achten Sie auf Anschlussdetails mit Wärmebrückenfreiheit nach DIN 4108.
b) Schallschutz
Nicht jedes Mehrscheiben-Isolierglas bietet ausreichenden Schallschutz. Die asymmetrische Scheibenanordnung, die Dicke der Folie in VSG und die Rahmenkonstruktion spielen eine zentrale Rolle.
Fehler:
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Auswahl von Standard-Isolierglas in lärmbelasteten Bereichen (z. B. an Bahnlinien, Hauptverkehrsstraßen).
c) Feuchteschutz und Belüftung
Gerade in Innenräumen mit Glastrennwänden oder Duschsystemen ist die Planung von Feuchteeintrag, Belüftung und Trocknung unerlässlich.
Tipp:
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Beachten Sie, dass Glasflächen nicht diffusionsoffen sind – das Feuchtigkeitsmanagement muss durch bauliche Maßnahmen erfolgen.
4. Befestigungen und Montage – die Schwachstelle vieler Projekte
a) Montage ohne Systemzulassung
Ungeprüfte Halter, Eigenkonstruktionen oder improvisierte Befestigungen sind ein häufiges Problem. Selbst tragfähige Gläser können bei unsachgemäßer Montage versagen.
Empfehlung:
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Verwenden Sie ausschließlich zugelassene Befestigungssysteme (z. B. mit ETA, AbP).
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Achten Sie auf dokumentierte Montageanleitungen des Herstellers.
b) Fehlende Bau- und Montagetoleranzen
Glas darf nicht verspannt, verklemmt oder mit Zwangskräften montiert werden. Thermische Ausdehnung, Bautoleranzen und Bewegungen des Bauwerks müssen berücksichtigt werden.

5. Normen, Richtlinien und rechtliche Aspekte
Die wichtigsten Regelwerke für die Glasplanung und -ausführung sind:
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DIN 18008 (Glas im Bauwesen – Bemessung und Konstruktion)
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DIN EN 12150, 12600, 14449 (Produktnormen für ESG, VSG etc.)
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TRAV (Technische Regeln für absturzsichernde Verglasungen)
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Musterbauordnung (MBO) und Landesbauordnungen
Tipp:
Achten Sie stets darauf, ob Ihre geplante Glaslösung unter die Anforderungen der TRAV oder der DIN 18008 fällt – insbesondere bei absturzsichernden, begehbaren oder Überkopfverglasungen.
Wer früh plant, spart Kosten und Risiken
Baufehler beim Einsatz von Glas entstehen meist nicht aus mangelndem Willen, sondern aus unvollständiger Planung, fehlendem Wissen oder falschen Annahmen. Wer jedoch frühzeitig mit Fachleuten arbeitet, kann Risiken deutlich reduzieren.
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